Wird der Hund alt, kann er nicht mehr so gut laufen, hören, wandern, marschieren oder schwimmen… er soll sich ausruhen, viel schlafen und leichte Kost zu sich nehmen. Und als liebende Menschen des geliebten Tieres nimmt man natürlich Rücksicht, stellt seine eigenen Bedürfnisse hintenan und überfordert den alten Hund nicht. Das mal so als Gedanke vorab 🙂
Da Milla seit dem fünften Juni 2019 zwölf Jahre alt ist, entscheiden wir uns für einen ruhigen, verschlafenen Urlaub am See. Sie soll schwimmen gehen dürfen, viel schlafen, rumliegen und wenig wandern müssen. Und wir können lesen, boarden und einfach mal nichts tun. Am Attersee in Österreich in Unterach liegt ein Campingplatz naturverbunden direkt am See. Es geht dort direkt ein leichter Wanderweg los und der Ort scheint eine gute Entscheidung für einen unspektakulären Urlaub mit altem Hund. Der Platz, den wir vor Ort beziehen liegt direkt an einem kleinen Kanal, über den jede Menge unterschiedliche Boote und Standup Paddling Boards ins Wasser gelassen werden. Zudem residieren vor unserer Nase zwei Wasserhühner – aber dazu später mehr.
Schon bei unserer Anreise haben wir herrliches Wetter und am See angekommen erwartet und ein Sommerfeeling. Überall Menschen in Badekleidung und jede Menge Luftmatratzen, pinke schwimmende Einhörner, SUPS und Boote. Klar – wir sind in Österreich, es ist Pfingsten und die Bayern und auch die BaWüs haben Pfingstferien – das erklärt die vielen Kinder und Familien. Schnell passen wir uns an und bauen das Board auf.
Einen kleinen Dämpfer gibt es für unsere Milla – sie darf nicht mit uns im See schwimmen. Sie kann jedoch im Fluss, der den Campingplatz in zwei Teile trennt und in dem auch noch eine Insel gelegen ist, plantschen. Ach ja, der Campingplatz heißt Inselcamping.
Aber so richtig chillig kommen wir nicht in unseren Urlaub – ein echtes Entspannungsfeeling kommt vorerst nicht auf. Wahrscheinlich liegt es an den tropischen Temperaturen. Jeden Tag herrschen 30 Grad und mehr – im Wohnmobil messen wir an einem Nachmittag 41 Grad. Das sind einfach keine Temperaturen für uns Nordländer – und für die liebe Milla auch nicht. Gleichzeitig kann der See sich nicht entscheiden, ob er auch beim Hochsommer mitmacht. Er liefert immer wieder Winde, Sturm und damit aufgewelltes Wasser. Vornehmlich in der Nacht – aber eben auch am Tage. Wir befinden uns im Idyll und nehmen es langsam, nach und nach an. So ziehen die Tage hin und wir warten auf kühlere Luft.
Unser Wassersport
Das Board fahre ich am ersten Tag direkt aus. Aber je weiter ich fahre, umso näher kommen die Berge und irgendwann bekomme ich vor den Tiefen des Sees richtig Angst. Ich mache an einer Boje Pause. Will mir doch mal die Gegend genau ansehen! Traumhaft. Dann aufstehen und zurück. Ich bin keine Stunde unterwegs und doch zittern meine Beine und meine Muskeln sind total überfordert. Am ersten Tag liegt es nicht an Wellenbewegungen, der See ist ziemlich ruhig, es liegt an untrainierten Muskeln und plötzlicher Panik. Komisch, kenn ich so nicht.
Vor dem Urlaub habe ich ein neues Kajak Paddel erstanden – das probiere ich jetzt mit dem Board im Sitzen aus. Geht super – damit kann ich auch im Wellengang nach draußen. Aber es strengt wiederum ganz andere Muskelgruppen an und die überfordere ich entsprechend als Nächstes.
Unsere Spaziergänge
- Am Montag läuft Sven seinen regulären Lauf – hier in Österreich nimmt er den Zwei-Seen-Weg. Zurück erzählt er von dem Swingerclub Jaguar! Mitten im Wald – gelegen an seinem Laufweg aber auch an dem Wanderweg zum Mondsee. Und da wir dort am Nachmittag hin möchten, kommen wir auf unserem ersten Spaziergang mal direkt an diesem spannenden Etablissement vorbei. Durch den schattigen Wald geht es weiter bis zum Mondsee. Dort kehren wir ein, essen vegetarisch und ich trinke einen sauer gespritzten Most. Den Rückweg machen wir uns einfach, wir gehen, wie wir gekommen sind. Eigentlich wollen wir den Kaplanweg als Rundgang gehen, der erscheint nach dem Essen und bei erster Dämmerung aber zu steil und zu schwierig. Richtige Entscheidung, denn bei einem seiner nächsten Läufe findet Sven heraus, dass dieser Weg gesperrt ist.
- Am Donnerstag wollen wir uns mal richtig bewegen und entscheiden uns für einen Spaziergang durch den Waldlehrpfad. Wir marschieren einmal durch den Ort und dann geht es hinauf. Natürlich ist es erneut eigentlich zu warm für irgendeine Bewegung. Aber am Waldrand angekommen ist es sofort kühler. Wir entdecken jede Menge unterschiedlicher Laub- und Nadelbäume. Milla findet das eine oder andere Wasserloch und der Wald riecht herrlich nach Bärlauch – der wächst nämlich flächendeckend. Wir kommen am Jubiläumsbaum vorbei, der 1908 zum 60-jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz-Josef gepflanzt wurde und sind insgesamt circa zwei Stunden unterwegs. Diese Etappe sorgt direkt für ein Hochgefühl und eine Einkehr muss her. Im Strandbad genießen wir kühle Getränke und erneut den Blick auf den traumhaft schönen See mit seinem umliegenden Gebirge.
Unsere Wanderung
Am Samstag soll es kälter werden und regnen. Also planen wir für den Tag eine leichte Wanderung. Eigentlich ist der Plan, mit dem Bus nach Attersee zu fahren und von dort zu Fuß zurückzulaufen. Aber nachdem wir nicht mehr gewöhnt sind früh aufzustehen, verpassen wir einerseits den Bus, andererseits ist der Weg eh viel zu weit. Also gehen wir direkt von Unterach los und marschieren nach Nussdorf.
Unsere erste Etappe führt uns zum Egelsee, einem Relikt eines Zweiges des Traungletschers. Er geht aus der Würmeiszeit von rund 20.000 Jahren hervor und ist ein ehemaliger Toteiskessel. Unter Toteis versteht man eine Abtrennung eines Gletschers, der bei Schmelze zu einem See oder einem Moorgebiet wird. Hier am Egelsee haben sich viele interessante Pflanzen angesammelt, darunter auch 12 verschieden Sorten Orchideen. Klar, dass es sich hier um ein Naturschutzgebiet handelt – voll schützenswert! Am Egelsee vertilgen wir den ersten Teil unseres Lunchpakets. Die geschmierten Stullen schmecken herrlich, dazu frisches Quellwasser. Weiter geht es bergauf – bergab.
Ich bin so froh, dass wir von Unterach losgegangen sind, so haben wir die Sonne den ganzen Weg im Rücken und müssen nicht hineinlaufen. Denn die Wettervorhersage stimmt bisher noch nicht – es ist erneut 30 Grad warm und der Weg erscheint mir wie ein Gang durch eine Sauna. Nur ca. 20 Minuten von unserem Ziel entfernt brauche ich noch eine Pause. Im Ernst, ich habe das Gefühl, in meinem Hirn kocht irgendwas – und mit etwas Obst, Wasser und einer viertel Stunde auf der Decke im Schatten geht es dann auch wieder.
Mit letzter Kraft kommen wir in Nussdorf an. Der Ort scheint ein einziger großer Campingplatz am Wasser zu sein. Wir kehren in eine Strandpizzeria mit wunderbarem Blick ein. Das erste Halbe Radler verdunstet quasi von allein und kühlt nur sehr mäßig ab, das zweite hilft da schon besser und zusätzlich mit dem Salat erde ich mich langsam wieder. Nun ziehen auch erste Wolken vor die Sonne, die Kellner kurbeln ein bisschen panisch die Sonnenschirme ein. Wir zahlen und gehen zur Ortsmitte Haltestelle. Der Bus kommt alle zwei Stunden – der um 17.09h wird der letzte an diesem Samstag sein. Den müssen wir unbedingt bekommen. Auf unseren letzten Metern die steile Straße zur Haltestelle hinauf, fallen dann tatsächlich riesigen Tropfen Regen auf uns herunter. 50 Meter sprinten und wir stehen unter dem Haltestellendach. Hier warten wir ca. 25 Minuten. Der Regen hört auf, wir verpassen den Bus nicht, sondern steigen ein in einen klimatisierten fahrbaren Raum! Herrlich. Für 8,30 EUR fahren wir in knapp 20 Minuten zurück zu unserem Ort – für den Weg durch die Wälder haben wir vorher fünf Stunden und 25.431 Schritte benötigt. OK, Sven sagt, für Milla waren es doppelt so viele – ich sage, sie hat durch zwei Beine mehr die Schritte halbiert… wurscht, sie ist dabei und hält durch.
Zurück beim Inselcamping geht jetzt alles schnell – nochmal ab in den See springen, dem Board die Luft nehmen und es einrollen… Tische und Stühle ins Mobil und damit die letzten Vorbereitungen für die Abfahrt morgen früh treffen. In dem Moment, in dem alles verstaut ist, fängt auch hier der Regen an. Wir genießen unseren letzten Abend. Bei so viel Getöse auf dem Autodach durch den Regen, können wir drinnen laut Musik hören. Gut so! Alles richtig gemacht. Die Tropenpfingstwoche am Attersee ist vorüber. Morgen werden wir ein neues Kapitel aufschlagen.
Ach ja, herausgefunden habe ich etwas über die Wasserhühner: Wie furchtlos und mutig wir sie kennenlernen. Sie haben sich ein Nest gebaut, ca. 10 Mal so groß, wie sie selbst sind. Darauf hockt immer ein Huhn, das andere scheint damit beschäftigt, zu essen… permanent. Kommt eine Gefahr – also zum Beispiel eine Ente, ein Schwan oder ein Mensch – macht das brütende Huhn unglaubliche abgehackte kurze Klackgeräusche. Das zweite kommt dann ruckzuck zurück und begibt sich direkt in den Angriffsmodus. Es scheut dabei auch nicht vor Schwänen mit Küken zurück. Das Spektakel können wir uns jeden Tag mehrfach ansehen. Großartig! Go – Wasserhuhn – Go!
Eine Woche in Einklang mit der Natur! Schön war‘s.